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Spielball meiner Launen

27. September 2019
Peitlerkofel von der Wackerer Lacke aus

(Foto: M. Vikoler)

Manchmal wache ich morgens auf und weiß eigentlich gar nicht, warum ich  bedrückt bin. Geht dir das auch so? Eigentlich wollte ich heute frohen Mutes nach Bozen fahren und mich von einer Tagung zum Thema Glück befeuern lassen.

Gestern noch voller Tatendrang, im Flow sozusagen und mit Ideen die in ihrer Einzigartigkeit nur so  sprudeln und nach Verwirklichung rufen. Top! Geerdet und verbunden zugleich, begegne mir als eine Abenteurerin der  kosmischen Ordnung.

Heute ist sie plötzlich da: Die Lethargie. Ganz unverblümt steht sie in der ihr eigenen Kraft einfach vor mir da. Stoisch. Ich weiß  nicht einmal warum. Unerhört. Ein Streich kosmischer Ordnung….

Manchmal  schaffe ich es, sie dann noch enger an mich heranzuziehen….

Wenn du weinen willst, dann weine. Lass die strömen; Becher voller Tränen. Nehme Gefühle wahr und lass sie sein. Wie ein neutraler Zuschauer. Will ich das? Geht das? Geht das oft? Geht das immer? Geht das überhaupt? Macht das Sinn?

Bilder beschenken unsere Sinne. Bilder berühren unseren Geist und unser Herz. Wenn sich dein Herz auf das Herz der Liebe legt, dann macht sich ein wunderschönes Gefühl breit. Die wundervolle Liebe ist leicht zu genießen. Die Gefühle der Trauer sind da schon schwerer zu ertragen. Lethargie oder  Melancholie, sind Zustände die man sich nicht herbeiwünscht; wobei sie in ihrer Intensität eine Schaffenskraft bzw. Dynamik in sich bergen. Sie kann auch sehr bereichernd sein, wie sich eindrucksvoll bei J. W. Goethe zeigt.  Es ist eines jener Gefühle, bei dem man sich einfach nur hinzugeben braucht und dann herrlich passiv in dem Zustand rumschwabern kann und trotzdem irgendwie recht viel passiert…

Im Zug sitzend, bin ich im Klammergriff meiner trüben Gedanken und gebe mich ihnen schwermütig aber dann doch irgendwie genussvoll hin. Nach einer Weile entschließe ich mich, an einen anderen Ort zu entschwinden. Ich schließe meine Augen. Weite – Wasser – Deich – Wind – Möwengeschrei – Schafscheiße – Sprachfetzen tiefsten Plattdeutschs und jede Menge Weitblick! Ich entdecke einen Tanker am Horizont und er nimmt mich für eine Weile mit auf seine Reise. Weite – Ruhe – Frische – Freiheit. Der Rückweg durch die herrlichen Dolomiten mit den unverkennbaren Bergspitzen und den klaren Seen, stärkt und beflügelt mich.

Erst Minuten später sitze ich wieder im Zug, öffne die Augen und komme langsam wieder im Hier und Jetzt an. Ich fühle mich komischer Weise  irgendwie belustigt. Ich bin einfach ab und weggetaucht – herrlich wars.

In Welten verschwinden. In Welten wieder auftauchen. Wir sind Herr bzw. Frau über unsere Gefühle und Gedanken. Welch ein Strahlen. Alles gehört dazu, alles strahlt. Wie die Leichtigkeit, so gehört eben auch die Lethargie zu unserem Leben dazu. Die Disharmonie ist ein Teil davon. Sie ist wie ein Tor, das dich näher zu dir selber bringen und  in eine neue Freiheit führen kann.

Es kommt eben darauf an, welchen Wolf ich füttere. Gebe ich dem „weißen – guten“  oder dem „schwarzen- vermeintlich bösen“ Wolf mehr Gewicht und Aufmerksamkeit?  Manchmal macht es wie beschrieben vielleicht sogar Sinn den „schwarzen“ Wolf zu füttern. Intensität und Dauer der Fütterung liegen ja in unserer Hand. Ohne meinen Mut zur Lethargie, wäre mir der wundervolle Blick auf klares Wasser und das Schnuppern an der Freiheit entgangen. Wir können wir uns selber aus dem Sumpf in die Freiheit führen; eigenverantwortlich. Manchmal? Macht das Sinn? Den Spielball unserer Launen haben wir  selber in der Hand, oder?

Wer wollte da werten?

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